In letzter Zeit spüre ich immer mehr, wie mein Gesellschafts- und Beziehungsbild, so wie ich es beigebracht und kennengelernt habe, nicht nur aufbricht, sondern eher in tausende Fetzen zersprengt wird! Manches sehr bewusst, anderes fällt plötzlich in mein Leben und es wird (mir) so einiges klarer, sinnhafter.

Auch wenn ich mich schon sehr lange anders fühle – wie ich in meinem letzten Artikel beschrieben habe –, hatte ich bis vor ziemlich genau 3 Jahren auch eine recht klare Meinung darüber wie Beziehungen aussehen (sollten). Auch was „richtig“ und was „falsch“ ist, wusste ich ziemlich genau! Bzw. meinte es zu wissen! – Fremdgehen zum Beispiel! Und ich sehe es auch nach wie vor so, aber anders. Und differenzierter.

So hätte ich bis vor drei Jahren auch Stein und Bein geschworen, NIEMALS wissentlich an sowas beteiligt zu sein! Und dennoch sollte ich im Dezember 2015 erfahren, dass es weit mehr als nur Schwarz und Weiß gibt. Selbst in dieser Hinsicht! Aber das hast du ja schon in anderen Artikeln hier lesen können.

Die (reguläre) monogame Beziehung

…ist auch für mich noch immer der vordergründigste Wunsch bzgl. einer Partnerschaft. Natürlich wünsche ich mir aus tiefstem Herzen eine Partnerin an meiner Seite, mit der ich durchs Leben gehen kann und all die Herausforderungen meistere, die sich mir so bieten. Mit der ich mich gemeinsam ausleben kann, in intellektueller, in emotionaler und in sexueller Hinsicht. Vielleicht sogar in Beruflicher!?

Doch diese Partnerin ist aktuell noch nicht in meinem Leben. Und das ist auch nicht weiter schlimm, da ich mein Leben auch total mit mir selbst genießen kann! Ich habe das Gefühl noch nie so sehr damit im Frieden gewesen zu sein, wie es seit einer Weile der Fall ist. Und trotzdem wäre es glatt gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nicht nach Nähe und Herzenswärme sehne! Freundschaftlich habe ich davon eine ganze Menge, partnerschaftlich nun gerade nicht.

Klassische Betrachtungen

Wenn du Nähe suchst und nicht in einer Beziehung lebst, hieße das gemeinhin „Pech gehabt“. Musst halt geduldig sein. Kommt schon wieder! Und so gibt es so viele, so festgefahrene Verhaltensweisen, die mit den zugehörigen Sichtweisen darauf einhergehen, dass bei vielen für die Vielfältigkeit im Leben kaum wirklich Platz bleibt. Dabei geht so vieles auch anders, wenn man es erst zulassen konnte – und damit meine ich nicht „überwinden“, sondern den Gedanken, dass vieles nicht miteinander zwangsverbunden sein muss.

Kuscheln darf man nur mit „einem Partner“, oder mit Geschwistern

Mit Freunden geht sowas nicht… Nähe ist was Sexuelles! Es sei denn es ist Familie! DAS ist natürlich etwas anderes… doch warum? Kann ich nicht auch einfach die Nähe von jemandem genießen, den oder die ich einfach mag? Warum ist das für so viele anders?

Mit der lieben Maren kann ich zum Beispiel so ewig knuddeln und drücken wie mit kaum jemand anderem. Kuscheln geht für sie aus den klassischen Gründen nicht, was natürlich absolut okay ist. Mit Kathi habe ich neulich durch ihre Aufforderung nach der Kakaozeremonie gekuschelt, als würden wir uns ewig kennen. Dabei sind wir uns an dem Abend das erste Mal bewusst begegnet.

Mit Leila (Name geändert) hat es sich ebenfalls ergeben zu kuscheln, weil wir beide in dem Moment einfach das Bedürfnis danach hatten. Wir haben eine tolle Kommunikation und die Grenzen sind klar gesetzt. Da kann man Dinge einfacher zulassen und sehen, ob es funktioniert. Dankbar bin ich vor allem für ihr Vertrauen, da sie ein Männerthema hat und das Ganze so für sie eine besondere Herausforderung ist. Auch wenn es von ihr ausging. Mit soviel Vertrauen fühlt es sich auch richtig gut an! Die Nähe fühlt sich gut an und grad auf Vertrauensebene ein totales Geschenk!

Händchenhalten sagt „die sind zusammen“

Ich erinnere mich an zwei Situationen, wo mich jeweils eine gute Freundin in der City an die Hand genommen hat. In einem der beiden Fälle war ich gerade frisch liiert und ich erinnere mich an die Gedanken, dass ich mich gefragt habe, ob das jetzt so sein darf!? Ist das schon fremdgehen? Und warum? Nicht weil es tatsächlich irgendwie schlimm wäre, sondern nur, weil es so festgeschrieben scheint. Dabei wusste bzw. weiß ich doch, wo mein Herz ist – sowohl partnerschaftlich, als auch freundschaftlich. Im zweiten Fall wars mir wurscht, weil ich solo war. Aber die Gedanken waren dennoch ähnlich, weil ja andere „das und das“ denken könnten…

So auch die liebe Liebe

Eine ähnliche Art etwas „festzulegen“ haben wir oft mit dem Wort Liebe. „Liebe“ gibt es nur in der Familie und beim Partner… Freunde liebt man nicht. Die mag man nur oder hat sie lieb… Doch ganz ehrlich… die Freunde, die in meinem Leben wirklich seit Jahren oder gar Jahrzehnten eine Rolle spielen… da wäre liebhaben einfach immens untertrieben! Die liebe ich definitiv! Schluss aus! Ob das jemand richtig findet oder nicht… Liebe ist für mich ein so tiefes Gefühl, das auch nicht zur Frage steht! Und warum sollte ich ein Gefühl herabwürdigen? Es wäre ja genau genommen eine Beleidigung des Gefühls und auch der Beziehung zueinander.

Und trotzdem kann ich es natürlich annehmen, wenn zum Beispiel meine beste Freundin das anders beschreibt. Es ändert nichts an meinem Gefühl. Und es ist ja auch kein Tauschbasar!

Und auch meine letzte Liebe liebe ich noch immer! Aber „nur“ noch als Mensch, definitiv nicht mehr als Partnerin. Ich werde sie auch immer lieben, weil dieser Mensch einfach einen Platz in meinem Herzen hat. Genauso wie meine erste große Liebe, die liebe Nici! Warum sollte ich jemanden aus meinem Herzen streichen, nur weil das Miteinander (in welcher Form auch immer) beendet ist!?

In meinem Herzen gibt es zwar durchaus Konzentration auf eine Partnerschaft, aber keine Ausschließlichkeit! Ich wünsche mir möglichst viele Menschen in meinem Leben geliebt haben zu dürfen… Auf menschlicher Ebene… unabhängig von Partnerschaft!

Sex ist toll, macht Spaß und tut gut…

Warum also sollten wir keinen Sex miteinander haben, wenn es für beide Seiten passt und niemand leiden muss!? Natürlich ist auch für mich die Verbindung von Liebe und Sex das Größte! Und gleichzeitig ist es für mich schon lange nicht mehr zwangsverbunden. Für die meisten da draußen scheint es auch nicht, auch wenn die meisten das anders nach außen tragen.

Da ich oft mehr als üblich von den Menschen erfahre – manchmal auch mehr als mir lieb ist –, weiß ich auch aus meinem größeren Umfeld wie viele da scheinbar kreuz und quer miteinander vögeln oder zumindest mal haben… Doch davon darf meist keiner wissen!

Gut, anteilig kann ich es nachvollziehen, weil die Gesellschaft bislang nun einmal ist wie sie ist. Andererseits denke ich mir immer wieder: „Wie soll sich etwas ändern, wenn wir nicht beginnen einfach offener (ehrlicher) zu leben!?“ Was nicht gleichbedeutend ist jedem alles zu erzählen! Das meine ich nicht! Aber zu zeigen, dass etwas toll ist und nicht verteufelt werden muss, wäre durchaus ein Anfang!

Denn leider ist es ja noch immer so, dass wenn du als Mann irgendwo mit irgendwem Sex hast, bist du eher nen toller Typ, nen geiler Hengst… Bei Frauen wird das tendenziell nicht ganz so positiv eingestuft… Doch warum? Wichtig ist doch nur, dass die, die es betrifft, eine schöne Zeit haben… ob emotional, aus reiner Geilheit oder sonstwas. Und natürlich, dass niemand hintergangen oder betrogen wird!

Reflektieren darf sich jeder selbst… Warum mache ich das? Will ich das WIRKLICH? Will ich etwas kompensieren…? Energetische Fragen hierbei einmal außen vor gelassen.

Es gibt so viele Betitelungen für Miteinander

…und doch sagt eigentlich keine genau aus, worum es sich handelt. Es sind lediglich Tendenzen. Die meisten FreundschaftPlus-Geschichten, von denen ich gehört habe, waren eher Plus-Geschichten, die zeitweise auch was Freundschaftliches hatten. „Was macht ihr sonst miteinander? Geht ihr zusammen auf den Weihnachtsmarkt!?“ – „Nee, das wär dann doch eher etwas für ne Partnerschaft!“ Da war die Basis eher Sex, denn Freundschaft.^^

Romanze, Affaire, Liaison, FreundschaftPlus, Cuddle, Cuffing, Liebelei, nur Sex, OneNightStand, MoreNightsStand, „es ist kompliziert“, verliebt, verknallt, schwärmend, DVD gucken, Hanky Panky, Play around, … Es gibt so viele Bezeichnungen für Miteinander rund um Sexualität und Beziehungen und so oft ist es mehr oder doch eigentlich weniger. Und so vieles klingt nach einem Startknopf und einem Ausschalter. Dann ist Ende, vorbei.

Angst spielt oft mit

Leider spielt allzu oft unbewusst die Angst eine Rolle, wenn wir eine Beziehung betiteln. Die Angst, sich eine Chance zu versauen, in eine Rolle gedrückt zu werden, in einer Schublade zu landen (z.B. die Schlampe, das Weichei, …). Die Angst verlassen zu werden, allein zu sein… Aber auch die Angst vor zuviel Nähe, vor „der oder die will was von mir“ oder „was könnten die anderen denken!?“.

Was ich ebenfalls oft höre und besonders früher oft erlebt habe, ist dass Frauen teils regelrecht Angst davor haben, dass man(n) sich für mehr interessieren könnte (wenn sie sich nicht interessieren). Dabei sollte ein klares Nein eigentlich reichen… Danach ist das Thema erledigt. Stattdessen wird oft drum herum gedrukst und alle Welt wundert sich, warum jemand das Durch-die-Blume-Nein nicht schnallt. Manchmal weiß man einfach, dass jemand uninteressant ist und manchmal zeigt sich erst durch ein Kennenlernen, dass man sich im ersten Urteil doch geirrt hat.

Und auch wenn ich natürlich ebenfalls manchmal meine zu wissen, wie ich jemanden in ein paar Stunden oder Tagen sehen werde oder was von meiner Seite aus passieren kann, versuche ich immer öfter nicht schlauer als das Leben zu sein! Ich warte ab, was passiert. Denn inzwischen habe ich einfach zuviel erlebt, was ich vorher für sehr unwahrscheinlich gehalten habe.

Jede*r wie sie*er mag!

Eine andere Freundin versucht mich immer wieder zu Fetischpartys zu locken, wo ich auch durchaus Lust zu hätte. Aber oftmals stehen Zeit und Aufwand bzw. Finanzen für mich nicht im Verhältnis. Zudem brauche ich halt echt Sympathie mit ner Frau, um Lust auf mehr (was auch immer das heißen mag) zu bekommen. Da reicht ne enge Lederhose halt nicht aus… Und daher ist die Wahrscheinlichkeit eben auch gering, dass ich dort den Spaß hätte, den sie mir immer wieder schmackhaft machen möchte.

Wie bei den oben genannten Situationen auch, passt eben nicht jeder zu jedem, egal auf welcher Ebene. Nicht jeder schafft es das zuzulassen, was gerade vor der Tür steht und manches will man schlichtweg einfach auch nicht. Und all das ist auch vollkommen in Ordnung! Nur schafft es nicht jeder das auch so zu kommunizieren bzw. traut sich nicht… auch wenn es gerade das oftmals leichter machen könnte! Klare, ehrliche Kommunikation kann eben echt triggern (auch wehtun).

Doch was sind all diese Formen des Miteinanders wirklich?

Für mich sind all diese Beziehungen und Beziehungsformen unterm Strich vor allem ein „Wir tun uns gerade gut!“ Egal auf welcher Ebene, über welchen Zeitraum, wie oft oder wie selten! Das ist die Grundlage, selbst wenn es Differenzen oder Trigger miteinander gibt!

Das was sein soll, wird sein. Das, was nicht sein soll, wird nicht sein… Das Leben ist eh schlauer als ich! Und es werden die Menschen in mein Leben treten, die einen Sinn für mich haben… 🙂

Inzwischen mache ich mir kaum noch Gedanken darüber wie man das, was da ist, betiteln oder beschreiben könnte. Ich versuche es einfach nur noch zu leben, was mir geschenkt wird zu leben! <3

 

Wie stehst du zu diesen Worten, diesen gesellschaftlichen Bedeutungen von Worten und Handlungen?